Diagnostiziert der Arzt bei Ihnen Bluthochdruck, wird er stets versuchen, die Ursache herauszufinden. Nur dann kann er sicherstellen, dass die Therapie möglichst zielgerichtet erfolgt. Ein wichtiges Instrument hierfür ist das Blutbild.
Beim Hausarzt werden Sie ins Labor geschickt, wo man Ihnen zwei Ampullen Blut abnimmt. Diese werden automatisiert und maschinell ausgewertet. Dabei bestimmen die Labormitarbeiter die genaue Zusammensetzung Ihres Blutes, aus denen der Arzt die möglichen Ursachen für Ihre Hypertonie ableiten kann.
Kleines und großes Blutbild
Standardmäßig wird der Arzt ein kleines Blutbild heranziehen, um eine Diagnosestellung zu ermöglichen. Dieses ermittelt folgende Werte:
- Thrombozyten: Anzahl der Blutplättchen
- Leukozyten: Anzahl der weißen Blutkörperchen
- Erythrozyten: Anzahl der roten Blutkörperchen
- Hämatokrit: Anteil aller festen Blutbestandteile im Blut
- Hämoglobin: Menge des roten Blutfarbstoffes
- MCV: durchschnittliches Volumen eines einzelnen, roten Blutkörperchen
- MCH: durchschnittlicher Anteil an Hämoglobin der roten Blutkörperchen
- MCHC: durchschnittliche Menge des Hämoglobins eines einzelnen roten Blutkörperchens
Das kleine Blutbild ist eine erste Maßnahme, um einen Hinweis auf mögliche Ursachen zu finden. Möchte der Arzt mehr über die Zusammensetzung des Bluts erfahren, kann er zusätzlich ein Differenzialblutbild und damit ein großes Blutbild anordnen. Dabei werden zusätzlich alle Unterarten der Leukozyten bestimmt und die Form der Blutzellen beurteilt. Insbesondere wenn die Anzahl der Leukozyten vom Normalwert stark abweicht, ist ein großes Blutbild anzuraten. Dabei sieht sich der Arzt insbesondere folgende Untergruppen genauer an:
- stabkernige, segmentkernige, eosinophile und basophile Granulozyten
- Lymphozyten
- Monozyten
Schwierige Interpretation für Laien
Das Problem ist: Der Laie kann im Regelfall mit all diesen Fachbegriffen nicht viel anfangen. Der Arzt tritt Aussagen wie „Die Leukozyten sind leicht erhöht.“ oder „Das Blutbild ist unauffällig.“ Die Interpretation dieser Aussagen oder auch der konkreten Werte ist für den Laien kaum möglich. Zwar stehen bei den Laborergebnissen gewöhnlich die Vergleichs- bzw. Normalwerte daneben. Doch mit deren Hilfe kann der Betroffene auch nur ermitteln, ob Werte abweichen – jedoch nicht, was diese Abweichung bedeutet.
Die Werte im Detail: Das kleine Blutbild
Was die einzelnen Werte in Bezug auf den Bluthochdruck bedeuten können, erfahren Sie hier. Dabei sei zunächst das kleine Blutbild unter die Lupe genommen:
Thrombozyten
Die Thrombozyten sind die gesamten Blutplättchen im Blut. Sie sind entscheidend für die Blutgerinnungsfunktion und zeigen demnach Blutgerinnungsstörungen an, wenn die Werte vom Normalzustand zu stark abweichen. Normal sind für Frauen und Männer gleichermaßen 150.000 bis 350.000 pro µl Blut.
Eine erhöhte Thrombozytenanzahl entsteht, wenn Sie beispielsweise infolge einer Operation oder einer Verletzung viel Blut verloren haben oder eine schwere Infektion in Ihrem Körper gewütet hat. Eine zu geringe Thrombozytenanzahl kann eine Vielzahl von Erkrankungen bzw. Mangelerscheinungen anzeigen.
- Vitamin B12-Mangel
- Folsäure-Mange
- Schädigung durch Strahlen
- Nebenwirkungen von Medikamenten
- Infektionen
- Allergien
- unkontrollierte Blutgerinnung
- Milzvergrößerung
Leukozyten
Die Leukozyten geben die Anzahl der weißen Blutkörperchen im Blut wieder. Dieser Bestandteil des Blutes ist für die Abwehr von Krankheitserregern zuständig und ist somit ein guter Indikator für ein stabiles Immunsystem. Für Frauen und Männer gilt gleichermaßen der Normwert von 3.800 bis 10.500 pro µl Blut.
Sind zu viele Leukozyten im Blut nachweisbar, deutet dies darauf hin, dass eine bakterielle Infektion vorliegt, eine Behandlung mit Kortison erfolgt ist oder Leukämie (Blutkrebs) vorliegt. Zudem kann die Leukozyten-Zahl durch bestimmte Medikamente, eine Schwangerschaft, Stress oder Rauchen erhöht sein.
Zu niedrige Werte können ebenfalls auf Erkrankungen hinweisen:
- Autoimmunerkrankung
- Krebs
- Knochenmarkerkrankung
- Virusinfektion
- Nebenwirkungen von Medikamenten (z. B. Rheumamittel, Schmerzmittel)
Erythrozyten
Als Erythrozyten bezeichnet man die roten Blutkörperchen im Blut. Sie bestehen zum Großteil aus Hämoglobin und sind für den Sauerstofftransport im Körper zuständig. Hier bestehen unterschiedliche Normwerte für Frauen und Männer:
- Frauen: 3,9 bis 5,3 Mio. pro µl Blut
- Männer: 4,3 bis 5,7 Mio. pro µl Blut
Ein zu hoher Erythrozyten-Wert deutet auf eine Austrocknung des Körpers oder eine zu starke Vermehrung der Blutzellen hin. Zu wenige Erythrozyten hingegen lassen eine Blutarmut (Anämie) oder eine Überwasserung vermuten.
Hämatokrit
Der Hämatokrit-Wert gibt an, wie hoch der Anteil der roten Blutkörperchen im Blut ist. Je höher der Wert ist, desto dicker ist das Blut. Er lässt Rückschlüsse auf den Wasserhaushalt zu. Folgende Normwerte sollten im Idealfall vorliegen:
- Frauen: 37 bis 48 Prozent
- Männer: 40 bis 52 Prozent
Ein zu niedriger Hämatokrit-Wert zeigt an, dass der Körper überwässert ist, einen Blutverlust erleiden musste oder zu wenige rote Blutkörperchen gebildet werden. Ist er hingegen zu hoch, deutet dies darauf hin, dass zu viele rote Blutkörperchen gebildet werden oder der Körper austrocknet (Deyhdrierung).
Hämoglobin
Der Hämoglobin-Wert gibt an, wie viel roter Blutfarbstoff in den roten Blutkörperchen steckt. Ist er erhöht, kann dies eine Austrocknung des Körpers oder eine zu starke Blutzellenvermehrung bedeuten. Ein zu niedriger Wert zeigt eine Blutarmut oder eine Überwässerung an. Folgende Werte liegen im Normbereich:
- Frauen: 12 bis 16 g/dl bzw. 74, bis 9,9 mmol/l
- Männer: 13,5 bis 17 g/dl bzw. 8,3 bis 10,5 mmol/l
MCV
Der MCV-Wert (mean cell volume / mean corpuscular volume) gibt an, wie groß die roten Blutkörperchen durchschnittlich sind. Dieses mittlere korpuskuläre Zellvolumen kann eine vorliegende Blutarmut anzeigen. Bei Frauen wie bei Männern sollte dieser Wert zwischen 80 und 96 fl (Femtoliter) liegen. Abweichungen vom Normalwert können unterschiedliche Ursachen haben:
MCV-Wert < 80 fl | MCV-Wert > 96 fl |
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MCH
Der MCH-Wert (mean corpuscular hemoglobin) beschreibt den durchschnittlichen Hämoglobingehalt eines roten Blutkörperchens. Er unterstützt den Arzt bei der Suche nach der Ursache für eine Blutarmut. Frauen wie Männer sollten einen MCH-Wert von 28 bis 34 pg (pico-Gramm) aufweisen. Der MCH-Wert erhöht sich, wenn Ihr Körper mit Vitamin B12 oder Folsäure unterversorgt ist. Ein verringerter durchschnittlicher Hämoglobingehalt hingegen entsteht durch eine Anämie infolge von Eisenmangel, Tumoren oder Infektionen.
Dass der MCH-Wert immer im Kontext anderer Werte wie dem MCV- und MCHC-Wert gesehen werden muss, ist bei der Ursache „Alkoholismus“ zu erkennen. Sind der MCH- und der MCV-Wert gleichzeitig erhöht, spricht dies für Alkoholismus. Dieselbe Diagnose ist allerdings zu stellen, wenn der MCH- und der MCHC-Wert zugleich zu niedrig sind.
MCHC
Der MCHC-Wert (mean cellular hemoglobin concentration) gibt den durchschnittlichen Hämoglobingehalt einer Blutzelle an. Frauen gleichermaßen wie Männer sollten im Idealfall einen Wert von 33 bis 36 g/dl aufweisen. Je nachdem, wie sich der MCH- und der MCV-Wert verhalten, kann eine der folgenden Ursachen für einen zu niedrigen oder zu hohen Wert verantwortlich sein:
- Eisenmangel
- Mangel an Vitamin B6
- Nierenerkrankungen
- Krebs
- Verdauungsstörungen
- Alkoholismus
- Leberzirrhose
Das große Blutbild: Von Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten
Sind die Blutwerte des kleinen Blutbilds auffällig oder hat der Arzt bereits eine konkrete Vermutung in Hinblick auf eine Erkrankung, kann er zusätzlich ein Differenzialblutbild und damit ein großes Blutbild anordnen. Dieses zerlegt die weißen Blutkörperchen in ihre Unterarten und untersucht deren Verhältnisse zueinander. Daraus lassen sich wiederum nützliche Hinweise auf bestehende Erkrankungen ableiten. Beim gesunden Erwachsenen liegen die verschiedenen Unterarten in folgenden Verhältnissen vor:
- segmentkernige neutrophile Granulozyten: 54 – 62 Prozent
- stabkernige neutrophile Granulozyten: 3 – 5 Prozent
- eosinophile Granulozyten: 1 – 4 Prozent
- basophile Granulozyten: 0 – 1 Prozent
- Monozyten: 3 – 8 Prozent
- Lymphozyten: 25 – 45 Prozent
Doch was hat es eigentlich konkret zu bedeuten, wenn die Werte in der Praxis von diesen Normwerten abweichen?
Granulozyten
Die Granulozyten sind essenziell für die Bekämpfung von Pilzen, Bakterien und Viren im Körper. Die eosinophilen und basophilen Granulozyten haben zudem mit allergischen Reaktionen zu tun. Gerade diese Größe ist deshalb besonders wichtig für die Diagnose von Erkrankungen. Je nachdem, ob die Granulozyten-Zahl erhöht oder abgesenkt ist, können unterschiedliche Erkrankungen vorliegen:
Zu viele Granulozyten | Zu wenige Granulozyten |
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Monozyten
Die Monozyten übernehmen ebenfalls eine wichtige Aufgabe im Körper: Sie verdauen Erreger und aktivieren das Immunsystem. Ist ihre Anzahl zu gering, deutet dies auf eine Schädigung des Rückenmarks hin, wo die Monozyten gebildet werden. Ist sie hingegen zu hoch, lässt dies eine Erkrankung vermuten, die das Immunsystem stark belastet, beispielsweise
- Pfeiffersches Drüsenfieber
- Tuberkulose
- Malaria
- Lues
- Darmerkrankungen in Verbindung mit Entzündungen
- Krebserkrankung / Chemotherapie
Lymphozyten
Die Lymphozyten bilden die Antikörper gegen Erreger und steuern wichtige Teile der Immunabwehr. Eine verminderte Lymphozytenanzahl deutet darauf hin, dass Schäden im lymphatischen System vorliegen, beispielsweise durch AIDS, oder durch die Folgen von Vergiftungen oder Strahlung. Weitere krankhafte Ursachen sind beispielsweise im Cushing-Syndrom oder in Morbus Hodgkin zu sehen.
Eine erhöhte Lymphozytenzahl kann sehr unterschiedliche Diagnosen nach sich ziehen:
- eine abheilende Infektionskrankheit
- Virusinfektion
- bakterielle Erkrankung (z. B. Tuberkulose, Brucellose)
- lymphatische Leukämie
Vorsicht: Keine voreiligen Schlüsse ziehen
Diese Informationen dienen lediglich dazu, dass Sie die Ausführungen Ihres Arztes und seine Interpretationen besser nachvollziehen und verstehen können. Es ist davon abzuraten, sich anhand der schriftlichen Laborergebnisse als Laie zu einer Selbstdiagnose hinreißen zu lassen. Ein einzelner Wert macht noch keine Krebserkrankung oder Infektion und längst nicht immer ist „nur Stress“ die Ursache für von der Norm abweichende Werte – erst das Zusammenspiel aus verschiedenen Werten sowie gegebenenfalls weitere diagnostische Verfahren können zu einer gesicherten Diagnose führen. Dennoch kann es sinnvoll sein, sich selbst mit seinen Blutwerten zu beschäftigen und bei Zweifeln entweder mit dem behandelnden Arzt noch einmal darüber zu sprechen oder gegebenenfalls auch eine zweite Meinung einzuholen.